Haftungsfragen bei autonom fahrenden Autos nicht ausreichend geklärt

autonom fahrende Autos

Schon in gut sieben Jahren könnten erste autonom fahrende Autos über die Autobahnen rollen. Während die Entwickler technisch schnell Fortschritte machen, bestehen rechtlich noch viele Lücken.

Es klingt phantastisch: Mit dem Aufkommen autonomer Autos wird es weniger Verkehrstote und Staus geben. Wie die Haftung geregelt werden soll, wenn der Fahrer nicht selbst fährt und es zu einem Unfall kommt, ist allerdings noch offen. Die Automobilbranche selbst sieht in erster Linie die Systementwickler der Künstlichen Intelligenz in der Verantwortung. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Branchenverbandes Bitkom unter Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern von Unternehmen der Automobilindustrie mit 20 oder mehr Mitarbeitern. Demnach sagen 41 Prozent der Automobilunternehmen, dass die Software-Anbieter bei Unfällen haften sollten. Nur 19 Prozent sehen hingegen den Autohersteller in der Pflicht. Jeder fünfte Entscheider in der Automobilbranche (21 Prozent) sieht den Fahrer in der Verantwortung – und dies obwohl ein autonomes Fahrzeug keinen Fahrer im heutigen Sinne mehr haben wird. Und nur 12 Prozent sprechen sich dafür aus, dass der Fahrzeughalter haften sollte. „Wenn wir die nötige Akzeptanz für autonomes Fahren herstellen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass niemand für etwas haftet, was er nicht kontrollieren kann“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Sicher ist: Mit autonomen Fahrzeugen wird es deutlich weniger Unfälle geben als mit menschlichen Fahrern. Die Haftungsfrage muss schnellstmöglich und verbindlich geklärt werden, damit autonome Fahrzeuge eingesetzt werden können.“

Klare Definitionen

Der Deutsche Verkehrsicherheitsrat (DVR) fordert darüber hinaus von Herstellern, Normungsorganisationen und Gesetzgeber einheitliche Begriffe und Definitionen, Bedienprinzipien, Warnungen und Aufforderungen an die Nutzenden automatisierter Fahrfunktionen zu erarbeiten. Ein Anliegen, das durchaus plausibel erscheint, denn nur wenn die Fahrer genau wissen, was zu tun ist, kann es auch bei Haftungsfragen eine eindeutigere Antwort geben. Das gilt nach Meinung des DVR auch für Mensch-Maschine-Schnittstellen. Sie müssen eindeutig sein, damit Nutzer die Fahrfunktionen nicht irrtümlich oder missbräuchlich verwenden.

Verantwortungsbereiche klar definieren

Andree Hohm, Projektleiter Selfdriving Car bei Continental, gibt hingegen zu Bedenken, dass immer klar zwischen dem Verantwortungsbereich des Fahrers und des Herstellers unterschieden werden müsse.  „Beide könnten im Falle eines Unfalls haften, denn der Fahrer muss wissen, in welchem Fahrmodus er sich befindet und welche Pflichten ihm obliegen“, sagte Hohm. Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn er der Aufforderung des Systems, die Kontrolle wieder zu übernehmen nicht nachkommt. Ist der Unfall hingegen klar auf das System zurückzuführen, so müsste dann auch der Fahrzeughersteller haften.

Aufklärung ist wichtig

Diese Betrachtungsweise der unterschiedlichen Szenarien macht deutlich, dass es in diesem Bereich keine klare rechtliche Grundlage gibt. Diese muss erst noch geschaffen werden, und hier wird besonders der vage Bereich der Kontrollübergabe sauber zu definieren sein. Dass auch weiterhin ein beträchtlicher Teil der Verantwortung beim Fahrer liegt, muss deutlich kommuniziert werden. Denn betrachtet man die Umfrage des Branchenverbandes Bitkom, dann sehen die Bürger und Entscheider der Automobilbranche die Verantwortung eher beim Software-Anbieter der Künstlichen Intelligenz. Das trifft auf 38 Prozent der Bundesbürger zu. Ähnlich viele sprechen sich für den Autohersteller aus (35 Prozent). Knapp jeder Fünfte (19 Prozent) sieht den Fahrer selbst in der Verantwortung. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Umfrage unter 1.006 Bundesbürgern, die bereits zu Jahresbeginn im Auftrag des Bitkom durchgeführt wurde.

Link:

Empfehlungen des Deutschen Verkehrssicherheitsrates zu automatisierten Fahrfunktionen

 

 

 

Ralf Johanning

Ralf Johanning ist studierter Politikwissenschaftler und freier Journalist. Seit über zehn Jahren berichtet er über die Transport- und Logistikbranche. Zu den Schwerpunkten gehören Themen wie Telematik, Software und ITK. Der ausgebildete Redakteur, Ressortleiter und Pressereferent hat im Jahr 2006 mit seiner Partnerin Ann-Christin Wimber das Redaktionsbüro Alte Schule gegründet.

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