Wer bei Tempo 50 nur zwei Sekunden den Blick von der Fahrbahn abwendet, legt knapp 30 Meter im Blindflug zurück. Bei Tempo 130 sind es schon 72 Meter. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat deshalb letzte Woche auf einem Verkehrsforum über Ablenkung im Straßenverkehr gefordert, dass der Gesetzgeber klar festlegt, wann der Blick auf das Smartphone erlaubt ist, und wann er tabu sein muss.
„Das bestehende Handyverbot am Steuer ist durch die technische Entwicklung längst überholt. Es greift weder, wenn ein Auto über eine moderne Start-Stopp-Automatik verfügt, noch wenn der Blick auf eine Smartwatch fällt“, sagte bei der Eröffnung des Forums der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Michael Mertens. „Deshalb gibt es einen gesetzlichen Klarstellungsbedarf.“ Auch bei der Frage, wann die Polizei auf die Handydaten zurückgreifen darf, um zu überprüfen, ob das Schreiben einer SMS-Nachricht der Unfallauslöser war, sieht die GdP den Gesetzgeber gefordert. „Es ist zwar positiv, dass in NRW seit kurzem Handys nach schweren Verkehrsunfällen von der Polizei sichergestellt werden können, aber eine sichere Rechtsgrundlage für deren Auswertung ist das noch nicht.“
Um die wachsende Zahl von Verkehrsunfällen durch Smartphone-Nutzung zu verhindern, setzt die GdP auch auf technische Lösungen. Nach einer bereits 2005 veröffentlichten Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen ist jeder siebte schwere LKW-Unfall in Deutschland auf Ablenkung zurückzuführen. Seit dem Ende des vergangenen Jahres sind deshalb für alle neuen LKW und Busse Notbrems- und Spurhaltesysteme zwingend vorgeschrieben. „In Zeiten, in denen wir bereits über autonom fahrende Autos diskutieren, ist der Einbau von Notbrems- und Spurhaltesystemen auch im PKW längst keine Utopie mehr. Mit mehr Kontrollen und mit Appellen an die Vernunft der Autofahrer allein werden wir das Problem von Auffahrunfällen aus dem Nichts nicht lösen“, sagte Mertens.
Quelle Titelbild: Canstockphoto