Verkehrspolizei: Behalten Sie den Durchblick!

Polizeipräsidium Münster - Direktion Verkehr

Unsere Gastautorin Martina Habeck, Polizeioberkommissarin und Verkehrssicherheitsberaterin der Polizei Münster, gibt einen Überblick über aktuelle Themen der Straßenverkehrsordnung. Von Außenspiegeln & Assistenzsystemen über Strafen für Gaffer, dem europäischen eCall und Tipps zur freie Sicht.

1.Umsicht

Die fortschreitende Technik macht es möglich, dass zukünftig immer mehr Serien-Lkw unterwegs sind, bei denen entsprechende Kameras die Außenspiegel ersetzen. Dies wird in der Straßenverkehrszulassungsordnung wie folgt geregelt:

§ 56 Spiegel und andere Einrichtungen für indirekte Sicht

(1) Kraftfahrzeuge müssen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 3 Spiegel oder andere Einrichtungen für indirekte Sicht haben, die so beschaffen und angebracht sind, dass der Fahrzeugführer nach rückwärts, zur Seite und unmittelbar vor dem Fahrzeug – auch beim Mitführen von Anhängern – alle für ihn wesentlichen Verkehrsvorgänge beobachten kann.

Durch den Einsatz der Kameras und entsprechender Assistenzsysteme wird die Rundumsicht des Fahrers deutlich verbessert. Eine zusätzliche Rangieransicht vereinfacht das Rückwärtsfahren, durch den Nachtsichtmodus auch bei Dunkelheit eine große Hilfestellung. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer Warnanlage und Bildübertragung bei Verdacht auf Ladungsdiebstahl. Der Wegfall der Außenspiegel soll zudem zu einer Reduzierung des Verbrauchs führen, da die „schnittige“ Form weniger Widerstand- und Angriffsfläche bietet.

Auch erste Pkw ohne Außenspiegel und nur kamerabasiert sind geplant und sollen zeitnah auf den Markt kommen. Gerade bei Abbiegeunfällen besteht der Vorteil darin, dass selbst bei Lenkbewegungen und Kurvenfahrten das Bild für den Fahrer konstant und die Seitensicht erhalten bleibt. Zusätzliche Warnsysteme (je nach Ausführung entweder optisch oder akustisch) verstärken diesen positiven Effekt.

2. Sichtschutz

Oft entstehen an Unfallstellen auch auf der so genannten Gegenfahrbahn längere Staus durch „Gaffer“, die unbedingt einen Blick auf die Unfallstelle werfen wollen und im schlimmsten Fall sogar Fotos und Videos drehen.

Dabei sind solche Handlungen bereits wie folgt unter Strafe gestellt:

Nach § 201a des StGB macht sich strafbar, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, oder wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.

Nach § 323c Absatz 2 StGB macht sich ferner strafbar, wer in Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder Hilfe leisten will. Dies kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Erfasst wird damit beispielsweise ein entsprechendes Verhalten bei einem Verkehrsunfall.

Bei schweren Verkehrsunfällen oder Großlagen können Einsatzkräfte auf Sichtschutzwände bzw. Sichtschutzzäune zurückgreifen. Diese werde im Bedarfsfall an die Unfallstelle gebracht und dort aufgebaut. Viele Präventionsfilme und Aktionen setzen jedoch an anderer Stelle an und appellieren an die Vernunft von Schaulustigen, um dieses Verhalten nachhaltig zu verändern.

3. Sichtbar

Sich nach einem Unfall für Rettungskräfte sichtbar machen, ist das Ziel des europäischen eCall. Dieser automatische Notruf soll dazu führen, dass notwendige Rettungsmaßnahmen schneller eingeleitet werden. Dies bedeutet in der Realität, dass bei einem Unfall automatisch eine Sprachverbindung zur zuständigen Rettungsleitstelle aufgebaut wird. Dabei werden zusätzlich Daten von der genauen Örtlichkeit, der ungefähren Fahrtrichtung und der Fahrzeugidentifizierungsnummer übersandt. Neue Pkw-Typen verfügen bereits über eine entsprechende Kommunikationseinheit (s.g. schlafende SIM-Card), die z.B. erst bei Auslösen der Airbags aktiviert wird.

Folgende Rechtsgrundlage besteht:

Zur schrittweisen Einführung dieser Sicherheitstechnik in Europa besteht seit dem 31. März 2018 die Pflicht zum Einbau eines bordeigenen eCall-Systems. Diese Einbaupflicht gilt nur für neue Typen von Fahrzeugen, die in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine Genehmigung (s.g. Typgenehmigung) erhalten. Grundlage für die Einführung des eCall ist die Verordnung (EU) 2015/758.

Bisher wurde entweder händisch über Smartphone oder über die Notrufsäule Hilfe verständigt. Zukünftig könnte dieser Vorgang voll automatisch über das Kommunikationssystem des Fahrzeugs ablaufen.

4. Durchsicht

§ 23 StVO: „Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.“

Gerade Fahrer im europaweiten Fernverkehr leben Tag und Nacht in ihren Lkw. Für sie ist es ein zweites Zuhause. Daher ist es verständlich, dass sie das Führerhaus dementsprechend wohnlich und praktisch „einrichten“ möchten. Doch dabei gilt, dass die Sicht sowohl zur Seiten- als auch zur Frontscheibe ungehindert frei bleiben muss. Hier stehen Fahrer und Halter gemeinsam in der Pflicht, für eine ungehinderte Sicht aus dem Fahrerhaus zu sorgen.

Gegenstände, die die Sicht auf die Fahrbahn, den Fahrbahnrand, Fahrradweg- oder Gehweg einschränken, müssen entfernt werden. Durch z.B. Gardinen, Wimpel, Plüschtiere usw. können andere Verkehrsteilnehmer und Gefahrenstellen nicht rechtzeitig erkannt werden.

Martina Habeck

Die Verkehrssicherheitsberatung der Polizei Münster informiert Fahrerinnen und Fahrer im gewerblichen Güter- und Personenverkehr kostenlos durch den Versand von regelmäßigen „Informations-Mails“. Wir halten Sie über Neuigkeiten und Änderungen im Bereich der Sozialvorschriften (Lenk- und Ruhezeiten) auf dem Laufenden. Informationen zum digitalen Kontrollgerät, Ladungssicherung und alles was für Sie wichtig sein könnte, geben wir an Sie weiter.
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