Die Diskussionen über Vor- und Nachteile des autonomen Fahrens reißen nicht ab. Auf der einen Seite warnen Experten vor ungeregelten Haftungsfragen. Auf der anderen Seite sei die Cyber-Sicherheit noch immer nicht gewährleistet.
Am 25. April veröffentlichten die Kieler Nachrichten ein Interview mit dem Rechtsexperten und ehemaligen Präsidenten des Landgerichts Lübeck, Hans-Ernst Böttcher, zu diesem Thema mit der doch eher reißerischen Überschrift „Autonomes Fahren ist ein Hirngespinst“. Der Rechtsexperte macht darin keinen Hehl daraus, dass er autonomes Fahren für nicht realisierbar hält. Dabei weist er darauf hin, dass noch immer der Halter und in bestimmten Umfang auch der Fahrer hafte. Zudem meint er, dass kein Fahrprogramm jemals in der Lage sein würde, alle Gefahrensituationen zu erkennen, da diese zu vielseitig seien. Ein weiterer Stolperstein könnte nach Meinung von Böttcher das riesige Datensystem sein, das dafür nötig wäre – mit allen Problemen des Datenschutzes und Fehleranfälligkeiten.
In die gleiche Richtung deutet ein frisch veröffentlichter Report des International Transport Forums, einer intergouvernementalen Organisation der OECD mit 59 Mitgliedsländern. Der Bericht weist darauf hin, dass automatisierte Autos und Lkw die Straßen auch unsicherer machen können. Wenn sich Roboter und Mensch die Verantwortung für die Kontrolle über ein Fahrzeug teilten, führe dies zu noch komplexeren Entscheidungen als bisher. Die unbeabsichtigte Folge könnte sein, dass Autofahren statt sicherer weniger sicher wird, heißt es im Bericht des Forums. Als Ursache sehen die Forscher dafür vorrangig Übergangssituationen, „in denen der Mensch die Kontrolle vom Computer übernimmt.“ Hier könne es vermehrt zu Unfällen gerade mit „durchschnittlichen“, an sich risikoscheuen Fahrern kommen.
Vorsicht vor Cyber-Risiken
Während das vollständig autonome Fahren die Zahl der schweren Unfälle deutlich senken könne, bleibe der Mensch beim teilautomatisierten Fahren in vielen Situationen überlegen. Nachteile der vollautomatisierten und vernetzten Fahrzeuge könnten dann jedoch die Risiken in Sachen Cyber-Sicherheit. Deshalb warnt die Studie: “Die Vermeidung von Unfällen sollte niemals allein davon abhängen, ob Zugang zum Netz oder externen Kommunikationskanälen besteht.”
Wenn das autonome Fahren eines Tages Realität werden sollte, gilt es die offenen Fragen eindeutig und klar zu beantworten. Sonst bleibt es bei einem Wunsch.
Das empfiehlt der Bericht des International Transport Forums:
- autonome Fahrzeuge dazu verpflichten, sicherheitsrelevante Daten zu übermitteln
- ein System von gestaffelten Praxistests für selbstfahrene Autos schaffen
- Grundsätze für Cyber-Sicherheit bei autonomen Fahrzeugen erarbeiten
- die Öffentlichkeit klar und gezielt über die Fähigkeiten automatisierter Fahrzeuge informieren